Die Inhalte im Überblick
- Bauvertrag: Auftraggeber verschiebt Baubeginn: Was ist mit den Mehrkosten?
- Werkvertragsrecht: Mängelanzeigen müssen keine Mängelursachen enthalten
- Werkvertragsrecht: Kleinere gestalterische Mängel sind hinzunehmen
- Bauüberwachung: BGH konkretisiert Pflichten bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten
- HOAI: EuGH und HOAI - Honorarprozess muss entschieden werden
- VOB/B: Was , wenn sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik ändern?
Bauvertrag: Auftraggeber verschiebt Baubeginn: Was ist mit den Mehrkosten?
Teilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer mit, dass sich der Baubeginn verzögert, ist dies eine Anordnung. Folge: Sie kann eine Preisanpassung und damit eine Vergütung der Mehrkosten des Auftragnehmers rechtfertigen. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg entschieden.
Häufig kommt es jedoch zu keiner neuen Preisvereinbarung. Auch darauf hat das OLG eine Antwort: Dann ist mittels „ergänzender Vertragsauslegung“ zu ermitteln, was die Parteien nach „Treu und Glauben“ für den von ihnen nicht geregelten Fall vereinbart hätten. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen beider Parteien zu berücksichtigen. Die Vergütung für die geänderte Leistung kann also auf Grundlage des geschlossenen Vertrags fortgeschrieben werden (OLG Brandenburg, Urteil vom 25.6.20, 12 U 59/19).
Werkvertragsrecht: Mängelanzeigen müssen keine Mängelursachen enthalten
Eine Mängelanzeige ist ausreichend verständlich, wenn sie die Erscheinungsbilder des Mangels benennt. Es ist nicht erforderlich, dass der Bauüberwacher auch die Mangelursachen benennt, die er vermutet.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart bestätigt. Für alle Planer, insbesondere Bauüberwacher, bedeutet das, dass sie nur die Mangelerscheinungen und die Verortung im Bauwerk benennen müssen. Denn der Mangel muss auch ohne Weiteres aufgefunden werden können.
Die Anzeige des Mangels hat weitreichende Folgen: Bis zur Abnahme liegt die Beweislast für die Mangelfreiheit beim Auftragnehmer. Nach der Abnahme kehrt sich die Beweislast um, dann ist der Bauherr beweispflichtig (OLG Stuttgart, Urteil vom 23.11.2016, 3 U 65/16; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde, BGH 21.11.2018, VII ZR 35/17).
Werkvertragsrecht: Kleinere gestalterische Mängel sind hinzunehmen
Bei der Abnahme von Bauleistungen wird oft darüber gestritten, ob kleinere gestalterische Mängel als ein Mangel gelten, der komplett beseitigt werden muss. Das Oberlandesgericht (OLG) München hat das mit rechtskräftiger Entscheidung am Beispiel zu betonierender Wandflächen verneint.
Selbst wenn man die Arbeit sorgfältig ausführt, wird man es nach Auffassung der Richter nie vermeiden können, dass es bei sichtbaren Betonoberflächen „kleinere Störstellen“ gibt. Die seien hinnehmbar. Anders sieht es aus, wenn die gestalterischen Beeinträchtigungen von größerem Ausmaß sind. Dann liegt ein Mangel vor, den der Auftragnehmer auf eigene Kosten beseitigen muss (OLG München, Urteil vom 16.2.2016, U 4919/12, rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH, VII ZR 64/16).
Bauüberwachung: BGH konkretisiert Pflichten bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten
Auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten schuldet der Bauüberwacher eine Einweisung, die Entnahme von Stichproben und eine Endkontrolle.
Das hat das Kammergericht (KG) im Einvernehmen mit dem BGH festgestellt. Im konkreten Fall ging es um Mängel an Magnet-Heizungsventilen in einem größeren Sanierungsprojekt. Der Generalplaner verteidigte sich damit, dass er den ausführenden Elektrounternehmer nicht intensiver überwachen habe müssen, weil es sich bei den Arbeiten um handwerkliche Selbstverständlichkeiten gehandelt habe. Damit kam er vor Gericht nicht durch. Drei Aussagen sind für die Praxis wichtig:
- Auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten schuldet der Bauüberwacher eine Einweisung, die Entnahme von Stichproben und eine Endkontrolle. Vor allem an der Einweisung hatte es hier gehapert.
- Eine „handwerkliche Selbstverständlichkeit“ lag schon deswegen nicht mehr vor, weil es um komplexe technische Zusammenhänge ging und die Elektrofirma den Generalplaner zu den Ventilen vorher schon um Rat gefragt hatte.
- Die Intensität der Überwachungspflicht steigt, wenn es um schwierige Arbeiten von großer Bedeutung geht und die Handwerker schwach sind oder im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für deren Ungeeignetheit zutage treten.
(KG, Urteil vom 16.12.2015, 21 U 81/14,rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde, BGH, Beschluss vom 31.7.2018, VII ZR 24/16)
HOAI: EuGH und HOAI - Honorarprozess muss entschieden werden
In vielen Gerichtsverfahren wird beantragt, das Verfahren auszusetzen, bis der EuGH über die Rechtswirksamkeit der HOAI entschieden hat. Das Kammergericht (KG) hat dem jetzt eine Abfuhr erteilt: „Ein Rechtsstreit ist nicht deshalb auszusetzen, weil die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren betreffend der Vereinbarkeit des Preisrechts der HOAI mit der Dienstleistungsrichtlinie eingeleitet hat.“ (KG, Urteil vom 1.12.2017, 21 U 19/12)
Mit dem jetzigen Urteil ist geklärt, dass Honorarprozesse auch künftig unbeeinflusst zu Ende geführt werden können. Das Urteil ist durch Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig (BGH, Beschluss vom 11.4.2018, VII ZR 292/17).
Das Verfahren um die EU-Rechtmäßigkeit der HOAI wird beim EuGH als „Rechtssache C-377/17“ geführt. Der Ausgang gilt als offen.
VOB/B: Was , wenn sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik ändern?
Der Auftragnehmer schuldet gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B (2006) grundsätzlich, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme eingehalten werden. Dies gilt auch, wenn sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme ändern.
So entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Er machte deutlich, dass der Auftragnehmer in einem solchen Fall den Auftraggeber regelmäßig über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung informieren muss. Eine Ausnahme gilt nur, wenn diese dem Auftraggeber bekannt sind oder sie sich ohne Weiteres aus den Umständen ergeben. Der Auftraggeber hat sodann im Regelfall zwei Möglichkeiten:
- Er kann zum einen verlangen, dass die neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Folge ist, dass ein aufwendigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen. Der Auftragnehmer kann, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall verlangen, dass seine Vergütung angepasst wird.
- Der Auftraggeber kann zum anderen davon absehen, dass die neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik angewendet werden. Damit vermeidet er, dass sich das Bauvorhaben verteuert.
(BGH, Urteil vom 14.11.2017, VII ZR 65/14)