Archiv: Wirtschaftsrecht

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Aktuelle Gesetzgebung: Vereinfachte Rechnungslegung für Kleinstkapitalgesellschaften möglich

Durch die Verkündung des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetzes (kurz MicroBilG) im Bundesgesetzblatt sind für Kleinstunternehmen Erleichterungen bei der Rechnungslegung und Offenlegung in Kraft getreten. Die Erleichterungen gelten für Geschäftsjahre, deren Abschlussstichtag nach dem 30.12.2012 liegt, sodass sie von Unternehmen mit kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr bereits für Jahresabschlüsse mit Stichtag 31.12.2012 genutzt werden können.

Anwendungsbereich 
Grundlage für das Gesetz ist die im Frühjahr 2012 in Kraft getretene Micro-Richtlinie (2012/6/EU), die es den Mitgliedstaaten erlaubt, für Kleinstkapitalgesellschaften Erleichterungen im Bereich der Rechnungslegungs- und Offenlegungsvorschriften zu gewähren. 
Kleinstbetriebe, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer Personenhandelsgesellschaft ohne voll haftende natürliche Personen (z.B. GmbH & Co. KG) organisiert sind, können Erleichterungen in Anspruch nehmen, wenn sie an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen zwei der drei nachfolgenden Merkmale nicht überschreiten:

  • Umsatzerlöse bis 700.000 EUR,
  • Bilanzsumme bis 350.000 EUR,
  • durchschnittlich zehn beschäftigte Arbeitnehmer.

Hinweis: Damit könnten ca. 500.000 Unternehmen in Deutschland von den Erleichterungen profitieren.

Erleichterungen im Überblick 
Kleinstunternehmen brauchen den Jahresabschluss nicht um einen Anhang zu erweitern, wenn sie bestimmte Angaben (u.a. zu Haftungsverhältnissen) unter der Bilanz ausweisen. 
Darüber hinaus können die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung in verkürzter Form aufgestellt werden. Für die Bilanz bedeutet dies z.B., dass die Posten im Umlaufvermögen (Vorräte, Forderungen etc.) nicht mehr aufgeschlüsselt werden müssen. Ein Ausweis ist vielmehr in einer Summe möglich. 
Bei der Offenlegung besteht nunmehr ein Wahlrecht, ob die Publizitätsverpflichtung durch Offenlegung oder dauerhafte Hinterlegung der Bilanz erfüllt wird. Im Fall der dauerhaften Hinterlegung haben Kleinstkapitalgesellschaften ihre Bilanz beim Betreiber des Bundesanzeigers elektronisch einzureichen, einen Hinterlegungsauftrag zu erteilen und dem Betreiber des Bundesanzeigers mitzuteilen, dass sie (mindestens) zwei der drei Größenmerkmale für die maßgeblichen Abschlussstichtage nicht überschreiten.

Hinweis: Die beim Bundesanzeiger hinterlegten Bilanzen sind nicht unmittelbar zugänglich. Diese werden vielmehr auf Antrag kostenpflichtig (Gebühren in Höhe von 4,50 EUR je übermittelter Bilanz) an Dritte übermittelt.

Kritische Würdigung 
Auch wenn die Neuregelungen auf den ersten Blick recht einfach anmuten, bleiben einige Anwendungsfragen. Beispielsweise hat der Gesetzgeber eine Vermutung in das Gesetz aufgenommen, wonach ein MicroBilG-Abschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage grundsätzlich zutreffend darstellt. Lediglich soweit dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, sind zusätzliche Angaben (unter der Bilanz) zu machen. Eine klare Regelung welche Angaben wann zu machen sind, besteht jedoch nicht.

Darüber hinaus ergeben sich aus der verringerten Gliederungstiefe keine Einschränkungen für die steuerliche Gewinnermittlung und die nach den steuerrechtlichen Vorschriften bestehenden Übermittlungspflichten. Da die hohen Detailierungsanforderungen infolge der elektronischen Bilanz (E-Bilanz) unverändert bestehen, wird sich insofern keine wirkliche Entlastung ergeben. Zudem werden Banken regelmäßig weiterhin aussagekräftige Jahresabschlüsse anfordern.

Für viele Unternehmen wird es indes sicherlich interessant sein, ihre Unternehmensdaten zukünftig zu hinterlegen, um den Einblick auf den Kreis der wirklichen Interessenten zu beschränken (Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG, BGBl I 2012, S. 2751).

Minijobs: Die Entgeltgrenze wird auf 450 EUR erhöht

Der Bundesrat hat das Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung am 23.11.2012 gebilligt. Damit sind bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen ab 2013 neue Spielregeln zu beachten. Dabei ist zu unterscheiden, ob ein Minijob ab 1.1.2013 neu aufgenommen wird oder ob es sich um einen bereits bestehenden Minijob handelt. Für vor dem 1.1.2013 bestehende Beschäftigungsverhältnisse gelten nämlich zahlreiche Bestandsschutz- und Übergangsregelungen. 

Neue Minijobs ab 1.1.2013 
Für Personen, die ab 1.1.2013 ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis aufnehmen, steigt die Geringfügigkeitsgrenze von 400 EUR auf 450 EUR im Monat. Entsprechend wird die Grenze für das monatliche Gleitzonenentgelt um 50 EUR auf 850 EUR angehoben. 
Darüber hinaus werden Minijobber in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Sie haben jedoch die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Hierfür muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen, dass er die Befreiung von der Versicherungspflicht wünscht. 

Hinweis: Derzeit gilt spiegelbildlich, dass zunächst Rentenversicherungsfreiheit besteht, Minijobber auf Antrag aber eine Versicherungspflicht begründen können.

Da der Arbeitgeber einen Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung in Höhe von 15 % des Arbeitsentgelts zahlt, müssen Minijobber „nur“ die Differenz zum allgemeinen Beitragssatz ausgleichen. Ab 2013 sinkt der Beitragssatz auf 18,9 %, sodass der Eigenanteil demzufolge nur 3,9 % beträgt. Allerdings ist eine sogenannte Mindestbeitragsbemessungsgrundlage zu beachten, die ab nächstem Jahr 175 EUR (statt bisher 155 EUR) betragen wird. Dies bedeutet, dass mindestens ein Rentenversicherungsbeitrag von 33,08 EUR (18,9 % von 175 EUR) abzuführen ist. 

Beispiel: Minijobber A erhält ein monatliches Entgelt von 100 EUR. Sein Anteil am Rentenversicherungsbeitrag berechnet sich wie folgt:

  • RV-Beitrag gesamt (18,9 % von 175 EUR): 33,08 EUR
  • Anteil Arbeitgeber (15 % von 100 EUR): 15,00 EUR
  • Anteil Arbeitnehmer: 18,08 EUR

Da A einen Anteil von 18,08 EUR aufbringen muss, erhält er ein Nettoentgelt in Höhe von 81,92 EUR.

Hinweis: Die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 175 EUR findet ab 2013 auch bei rentenversicherungspflichtigen Minijobs Anwendung, die vor dem 1.1.2013 aufgenommen wurden. 

Bestandsschutz- und Übergangsregelungen 
Mit der gesetzlichen Neuregelung sind wichtige Bestandsschutz- und Übergangsregelungen verbunden. Auszugsweise sind folgende Punkte zu beachten:

  • Wer in einem bestehenden versicherungsfreien Minijob weiterarbeitet, ist auch künftig rentenversicherungsfrei. Minijobber können in diesem Fall aber wie bisher auf die Versicherungsfreiheit verzichten.
  • Erhöht der Arbeitgeber ab 1.1.2013 den monatlichen Verdienst auf einen Betrag von mehr als 400 EUR und weniger als 450,01 EUR, gilt für die alte Beschäftigung das neue Recht. Somit tritt Versicherungspflicht in der Rentenversicherung ein, von der sich der Minijobber befreien lassen kann.

Nach Informationen der Minijob-Zentrale sollen alle Minijob-Arbeitgeber über die neue Rechtslage schriftlich informiert werden, sobald das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist.

Haftungsrecht: Ladeninhaber haftet nicht für alle denkbaren Schadensmöglichkeiten

Zwar hat der Betreiber eines Ladens eine Verkehrssicherungspflicht. Dabei muss er aber nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadeneintritts Vorsorge treffen, sondern nur für die, die ein umsichtiger, verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Betreiber für notwendig und ausreichend erachtet. Eine Gefährdungshaftung existiert nicht.

Diese Auffassung vertrat das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Supermarktinhabers. In dessen Laden befand sich eine Flaschenpyramide. Als eine Kundin eine Flasche entnahm, schnitt sie sich in den Mittelfinger der rechten Hand. Sie hatte nicht bemerkt, dass der Flaschenhals zerbrochen war. Die Kundin verlangte Schadenersatz und Schmerzensgeld. Schließlich habe der Ladenbesitzer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Seine Angestellten hätten den Schaden entweder beim Aufstellen der Pyramide nicht bemerkt oder deren Kontrolle unterlassen. Der Ladenbesitzer weigerte sich zu zahlen. Die Kundin erhob daraufhin Klage.

Die zuständige Richterin wies diese jedoch ab. Nach ihrer Ansicht habe der Ladeninhaber seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Zwar obliege ihm eine allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um eine Schädigung der Kunden zu verhindern. Dabei müsse er aber nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es genügten diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar waren. Erforderlich seien dabei die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger des betroffenen Verkehrskreises für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Dabei sei auch immer die wirtschaftliche Zumutbarkeit zu berücksichtigen. Der Ladeninhaber habe hier alles Zumutbare getan. Auch die Kundin selbst habe beim Herausnehmen der Flasche nicht erkennen können, dass diese beschädigt war. Dies müsse dann auch für den Ladenbesitzer gelten. Er müsse nicht damit rechnen, dass sich eine unbemerkt zerbrochene Flasche in der Pyramide befindet. Eine Gefährdungshaftung eines Geschäftsinhabers oder ein Einstehenmüssen für jeglichen Schaden, den ein Kunde in einem Geschäftslokal erleidet, sei vom Gesetz nicht vorgesehen (AG München, 283 C 2822/12).

Gewinnabführungsvertrag: Vorzeitige Kündigung nur aus wichtigem Grund

Vor Ablauf der fünfjährigen Mindestlaufzeit kann ein Gewinnabführungsvertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, ohne die Folgen der Organschaft aufzuheben. Allein der Verkauf einer Organgesellschaft innerhalb des Konzerns ist nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen noch kein wichtiger Grund für die Beendigung der Organschaft. Wäre nämlich jeder Beteiligungsverkauf innerhalb eines Konzerns per se als wichtiger Grund anzuerkennen, wäre die Mindestdauer des Gewinnabführungsvertrags innerhalb eines Konzerns dem Belieben der beteiligten Gesellschafter überlassen.

Hinweis: Gegen diese Entscheidung ist die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig. Dieser wird also hoffentlich klären, ob und ggf. wann eine Veräußerung einer Organgesellschaft innerhalb eines Konzerns einen wichtigen Grund für eine Beendigung der Organschaft bildet.

Zum Hintergrund: Verpflichtet sich eine Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen (Organträger) abzuführen, ist das Einkommen der Organgesellschaft unter gewissen Voraussetzungen dem Organträger zuzurechnen. Eine der Voraussetzungen ist, dass der Gewinnabführungsvertrag eine Mindestlaufzeit von fünf Zeitjahren hat (FG Niedersachsen, 6 K 140/10, Rev. BFH I R 45/12).

Bewirtungskosten: Umfang der Nachweispflicht in einer Gaststätte

Die über Bewirtungen in einer Gaststätte ausgestellten Rechnungen müssen den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge handelt. So lässt sich eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs auf den Punkt bringen.

Zum Hintergrund:

Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass sind zu 70 Prozent als Betriebsausgaben abzugsfähig. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen:

  • Ort und Datum der Bewirtung,
  • Höhe der Aufwendungen,
  • Teilnehmer und
  • Anlass der Bewirtung. 

Wenn die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden hat, genügen neben der Rechnung Angaben zum Bewirtungsanlass und zu den Teilnehmern. Rechnungen über 150 EUR müssen zudem den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten.

Im entschiedenen Fall vertrat das Finanzgericht Düsseldorf bei einer Gaststättenbewirtung die Meinung, dass es der Abzugsfähigkeit nicht entgegensteht, wenn die Rechnungen keine Angaben zum Rechnungsadressaten enthalten, die wirtschaftliche Belastung aber durch entsprechende Kreditkartenabrechnungen nachgewiesen wird. Dies sah der Bundesfinanzhof jedoch anders und verweigerte den Abzug als Betriebsausgaben.

Hinweis: In der Praxis ist bei Gaststättenbewirtungen über 150 EUR zwingend darauf zu achten, dass der Name des bewirtenden Steuerpflichtigen durch den Gaststätteninhaber oder seinen Bevollmächtigten auf der Rechnung vermerkt wird. Ein Eigenbeleg reicht insofern nicht aus (BFH, X R 57/09).

Gesellschaftsrecht: Erstmalige Beteiligungskündigung nach 31 Jahren ist unwirksam

Der Gesellschaftsvertrag einer Kapitalanlagegesellschaft in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts darf einen nur in geringem Umfang kapitalmäßig beteiligten Anleger nicht über Gebühr in die Haftung nehmen.

Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in einer aktuellen Entscheidung fest. Die Richter sahen für den Anleger ein unüberschaubares Haftungsrisiko, wenn er seine Beteiligung erstmals nach 31 Jahren kündigen dürfe. Dies sei eine unzulässige Kündigungsbeschränkung. Im Ergebnis sei die Regelung im Gesellschaftsvertrag damit unwirksam (BGH, II ZR 205/10).

Handelsfirma: Prüfungsumfang des Registergerichtes

Eine Handelsfirma darf keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über die geschäftlichen Verhältnisse irrezuführen. Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart muss das Register-gericht dabei lediglich eine Grobrasterprüfung durchführen und nur eine ersichtliche Irreführung berücksichtigen.

Hinweis: Durch die Liberalisierung des Firmenrechts muss sich die Firmenbezeichnung nicht mehr nach dem Unternehmensgegenstand richten. Es ist ausreichend, wenn die Firma Unterscheidungskraft besitzt und keine Angaben enthält, die zur Irreführung über verkehrswesentliche geschäftliche Verhältnisse geeignet sind (OLG Stuttgart, 8 W 82/12).

Geschäftsführervergütung: Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge besser vermeiden

Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH sind grundsätzlich als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen und damit als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen.

Mit diesem Urteil hält der Bundesfinanzhof an seiner bisherigen Linie fest. Zahlt eine GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer Vergütungen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeiten, widerspricht dies dem Gedanken, dass ein Geschäftsführer die notwendigen Arbeiten auch dann erledigen muss, wenn dies einen Einsatz außerhalb der üblichen Arbeitszeiten erfordert.

Hinweis: Nur wenn die Vereinbarung durch überzeugende betriebliche Gründe gerechtfertigt ist, lassen die Finanzgerichte eine Ausnahme zu. Eine solche betriebliche Veranlassung kann im Einzelfall anzunehmen sein, wenn trotz Unüblichkeit im allgemeinen Wirtschaftsverkehr mit vergleichbaren gesellschaftsfremden Personen (z.B. Führungskräften) ähnliche Vereinbarungen abgeschlossen wurden (BFH, VIII R 27/09).

Elektronische Rechnungsstellung: Anwendungsschreiben veröffentlicht

Bereits seit 1.7.2011 gelten Vereinfachungen bei der elektronischen Rechnungsstellung. Nunmehr können u.a. auch Rechnungen, die per E-Mail (ggf. mit Anhang) übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen. Voraussetzung ist jedoch, dass ein innerbetriebliches Kontrollverfahren (iKv) zur Gewährleistung der Echtheit der Herkunft, der Unversehrtheit des Inhalts und der Lesbarkeit der Rechnung durchgeführt wird. Zu Detailfragen hat das Bundesfinanzministerium nun (endlich) Stellung bezogen.

Ein iKv kann ein bereits bestehendes EDV-unterstütztes oder manuelles Verfahren zum Abgleich der Rechnung mit der Zahlungsverpflichtung sein. Das iKv dient nur der Sicherstellung der korrekten Übermittlung und ersetzt nicht die Prüfung der inhaltlichen Ordnungsmäßigkeit der Rechnung. Liegt eine inhaltlich richtige Rechnung vor, rechtfertigt diese die Annahme, dass die Übermittlung korrekt erfolgt ist. In diesen Fällen ist eine Beanstandung des Vorsteuerabzugs alleine wegen Zweifeln im Hinblick auf die Durchführung eines iKv nicht möglich.

Für das iKv sind keine gesonderten Dokumentationen erforderlich (z.B. Stempel oder Checkliste). Zwar verweist das Bundesfinanzministerium bezüglich der Aufbewahrung von Rechnungen u.a. auf die Vorschriften der Abgabenordung, die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) sowie die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU). Der Anspruch auf Vorsteuerabzug bleibt hiervon aber unberührt, wenn der Unternehmer die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nachweisen kann. 

Hinweis: Die Echtheit der Herkunft sowie die Unversehrtheit des Rechnungsinhalts sind nach wie vor durch Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur oder durch Übermittlung im EDI-Verfahren gewährleistet. Diese Verfahren sind für Zwecke des Vorsteuerabzugs grundsätzlich EU-einheitlich anzuerkennen (BMF-Schreiben, IV D 2 - S 7287-a/09/10004 :003).

Aktuelle Gesetzgebung: Die E-Bilanz kommt wie geplant

Die E-Bilanz (elektronische Bilanz und elektronische Gewinn- und Verlustrechnung) wird wie geplant eingeführt. Dies hat das Bundesfinanzministerium aktuell mitgeteilt. 

Die elektronische Übermittlung der E-Bilanzen wird in den meisten Fällen für Wirtschaftsjahre ab 2013 verpflichtend, also im Jahr 2014. Für das Wirtschaftsjahr 2012 steht es den Unternehmen frei, die Bilanz auf Papier abzugeben oder bereits elektronisch zu übermitteln.
Darüber hinaus weist das Bundesfinanzministerium auf die sogenannten Mussfelder und die Auffangpositionen hin: 

Mussfelder 
Jeder muss nur das ausfüllen, was ihn tatsächlich betrifft. Sofern sich ein Mussfeld nicht mit Werten füllen lässt, z.B. weil aufgrund der Rechtsform des Unternehmens kein dem Mussfeld entsprechendes Buchungskonto geführt wird, ist die entsprechende Position „leer“ (technisch mit NIL für „Not in List“) zu übermitteln. 

Auffangpositionen 
Von besonderer Bedeutung sind die Auffangpositionen, die dann genutzt werden können, wenn für einen Sachverhalt eine durch Mussfelder vorgegebene Differenzierung nicht aus der Buchführung abgeleitet werden kann. Sie sollen die Übermittlung erleichtern und den Eingriff in das Buchführungswesen der Unternehmen verhindern. 

Hinweis:

Das Bundesfinanzministerium stellt klar, dass es Auffangpositionen dauerhaft geben wird und eine Streichung nicht beabsichtigt ist.

Aktuelle Gesetzgebung: Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

Mit dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr will die Bundesregierung den Druck auf säumige Zahler im Geschäftsverkehr erhöhen.

Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ist es mit finanziellen Gefährdungen verbunden, wenn Schuldner die Begleichung offener Forderungen über Gebühr hinauszögern oder sich durch vertragliche Zahlungs- oder Überprüfungsfristen praktisch einen kostenlosen Gläubiger- oder Lieferantenkredit einräumen lassen. Für einige Unternehmen kann dies zu einer wirtschaftlich ernsten oder gar existentiellen Gefahr werden. 

Grundsätzlich soll es dabei bleiben, dass Forderungen sofort fällig werden. Folgende gesetzliche Änderungen sind vorgesehen:

  • Es soll die Möglichkeit eingeschränkt werden, die an sich bestehende Pflicht zur sofortigen Begleichung einer Forderung durch eine Vereinbarung von Zahlungs-, Abnahme- und Überprüfungsfristen hinauszuschieben.
  • Die gesetzlichen Verzugszinsen sollen erhöht werden.
  • Bei Zahlungsverzug soll ein Anspruch auf eine zusätzliche Pauschale entstehen.

Scheingesellschafter: Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters

Der Gesellschafter, der aus einer bestehenden Gesellschaft ausgeschieden ist, aber weiterhin als Gesellschafter nach außen auftritt, kann als Scheingesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, wenn er gegen den gesetzten Rechtsschein nicht pflichtgemäß vorgegangen ist und sich ein Dritter bei seinem geschäftlichen Verhalten auf den Rechtsschein verlassen hat. 

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter machten dabei deutlich, dass bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen die Haftung den Scheingesellschafter sowohl für vertragliche Ansprüche wie auch für außervertragliche Ansprüche trifft.

Hinweis: Wenn nach außen hin für den Rechtsverkehr eine Veränderung in der personellen Zusammensetzung der Gesellschaft nicht sichtbar geworden ist, muss der ausgeschiedene Gesellschafter sich so behandeln lassen, als bestehe der bisherige Rechtszustand weiter. Für das Auftreten als Gesellschafter kann es genügen, wenn der Gesellschafter im Briefkopf der Gesellschaft genannt wird. Nicht übersehen werden darf auch die gesetzliche Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für Altverbindlichkeiten nach § 160 HGB (BGH, II ZR 197/10).

Gleichbehandlung: AGG gilt auch für GmbH-Geschäftsführer

Ein auf eine bestimmte Dauer bestellter Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der nach Ablauf seines Vertrags nicht als Geschäftsführer weiterbeschäftigt wird, fällt in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). 

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Klägers, der bis zum Ablauf seiner Amtszeit Geschäftsführer einer GmbH war. In seinem mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossenen Dienstvertrag war vereinbart, dass die Vertragsparteien spätestens 12 Monate vor Vertragsablauf mitteilten, ob sie zu einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses bereit waren. Der Aufsichtsrat der GmbH beschloss, das Anstellungsverhältnis mit dem im Zeitpunkt der (regulären) Vertragsbeendigung 62 Jahre alten Kläger nicht fortzusetzen. Die Stelle des Geschäftsführers wurde vielmehr mit einem 41-jährigen Mitbewerber besetzt. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm der Neuabschluss seines Dienstvertrags sowie die weitere Bestellung als Geschäftsführer nur aus Altersgründen versagt worden seien. Diese Entscheidung verstoße nach seiner Ansicht gegen das Altersdiskriminierungsverbot des AGG.

Das sah der BGH ebenso. Die Richter verwiesen auf den Wortlaut des AGG. Danach finde das Gesetz Anwendung auf Geschäftsführer einer GmbH, soweit es um den Zugang zum Geschäftsführeramt und um den beruflichen Aufstieg gehe. Der Beschluss, den Kläger nach dem Auslaufen seiner Bestellung nicht weiter als Geschäftsführer zu beschäftigen, falle hierunter (Zugang zum Amt). In der Sache selbst müsse der Bewerber nur Indizien beweisen, aus denen sich eine Diskriminierung ergebe. Das Unternehmen müsse dann den Gegenbeweis erbringen, dass der Bewerber nicht wegen seines Alters oder aus anderen unzulässigen Gründen benachteiligt worden sei. Hier hatte der Aufsichtsratsvorsitzende gegenüber der Presse erklärt, dass der Kläger wegen seines Alters nicht weiterbeschäftigt worden sei. Man habe einen Bewerber gewählt, der das Unternehmen „langfristig in den Wind stellen“ könne. Damit habe die GmbH den ihr obliegenden Gegenbeweis nicht geführt. Schließlich sei die Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters auch nicht aus den im AGG vorgesehenen Gründen gerechtfertigt gewesen. Damit habe der Kläger Anspruch auf Ersatz seines Vermögensschadens und auf Entschädigung wegen seines immateriellen Schadens (BGH, II ZR 163/10).

Aktuelle Gesetzgebung: Verbesserte Chancen für Unternehmenssanierungen

Am 1.3.2012 ist das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in Kraft getreten. Damit sollen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung notleidender Unternehmen verbessert werden. Unternehmenssanierungen sollen so einfacher, effektiver und schneller möglich werden. Ein wesentliches Element ist dabei, dass die Gläubiger frühzeitig an der Verwalterauswahl beteiligt werden. Erfolgreiche Sanierungen können nur gelingen, wenn Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht und die Gläubiger wissen, mit wem sie sich „auf die Reise“ begeben. Gerade bei Großverfahren soll so die Rechts- und Planungssicherheit der Gläubiger gestärkt werden. 

Darüber hinaus wird ein neues Schutzschirmverfahren geschaffen. Durch dieses wird dem Schuldner bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von drei Monaten ein Sanierungskonzept auszuarbeiten, das anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann. In diesem Zeitraum darf das Gericht dem Schuldner auch nicht die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen entziehen.

Hervorzuheben sind insbesondere die folgenden Neuerungen:

Stärkung der Gläubigerautonomie 
Es besteht künftig die Möglichkeit, bereits im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, der bei bestimmten Unternehmen ein wichtiges Mitspracherecht bei der Auswahl des Insolvenzverwalters und der Anordnung der Eigenverwaltung hat. Die Anordnung einer Eigenverwaltung wird erleichtert: Das Gericht wird dadurch gezwungen, sich ernsthafter als bisher mit den Möglichkeiten der Eigenverwaltung auseinanderzusetzen. Befürwortet der Gläubigerausschuss sie einhellig, soll das Gericht daran gebunden sein. Auch bei der Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters wird der vorläufige Gläubigerausschuss eingebunden. Die Beteiligung der Gläubiger wird aber nicht nur zeitlich vorverlagert. Vorgaben des Ausschusses zur Person des Verwalters sollen für den Richter unter bestimmten Umständen bindend sein. Künftig wird das Gericht in Insolvenzverfahren über Unternehmen, deren Betrieb noch nicht eingestellt ist und die eine bestimmte Unternehmensgröße und damit eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung haben (gemessen an ihrem Umsatz, der Arbeitnehmerzahl bzw. der Jahresbilanzsumme), verpflichtet, einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzuberufen. Besteht ein solcher vorläufiger Gläubigerausschuss und einigen sich alle Mitglieder auf einen Verwalter, soll das Gericht den Vorgeschlagenen nur ablehnen können, wenn er offensichtlich ungeeignet ist.

Schaffung eines Schutzschirmverfahrens 
Ein Schuldner wird zukünftig bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung die Möglichkeit erhalten, innerhalb von drei Monaten in einer Art „Schutzschirm-verfahren“ unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters und frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung ein Sanierungs-konzept auszuarbeiten, das anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann. Das Gericht soll nicht nur regelmäßig den vom Schuldner Vorgeschlagenen als vorläufigen Sachwalter einsetzen, auf Antrag ist das Gericht dazu auch verpflichtet, Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner zu untersagen oder einstweilen einzustellen. Zudem darf es im Schutzschirmverfahren weder einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen noch den Schuldner in der Verfügungsbefugnis über sein Vermögen einschränken. 

Ausbau und Straffung des Planverfahrens 
Im Rahmen des Planverfahrens können künftig als Sanierungsinstrument auch Forderungen von Gläubigern in Gesellschaftsanteile umgewandelt werden („dept-equity-swap). Die Einbindung dieses gesellschaftsrechtlichen Instruments in die Insolvenzordnung verbessert die Sanierungschancen, da Widerstände von Altgesellschaftern überwunden werden können. Durch eine moderate Beschränkung der Rechtsmittel gegen die Planbestätigung sollen einzelne Gläubiger nicht mehr in missbräuchlicher Weise das Wirksamwerden des Plans verhindern können. 

Stärkung des Vollstreckungsschutzes nach Verfahrensaufhebung 
Um zu vermeiden, dass Forderungen, die im Insolvenzverfahren nicht angemeldet wurden und erst nach Abschluss des Planverfahrens geltend gemacht werden, die Finanzplanung nachträglich stören, hat der Schuldner künftig die Möglichkeit, bei Vollstreckungsversuchen nach der Verfahrensaufhebung Vollstreckungsschutz durch das Insolvenzgericht zu erhalten, wenn die geltend gemachte Forderung die Durchführung des Insolvenzplans gefährdet. Zudem werden die Verjährungsfristen für verspätete Forderungen verkürzt: Ansprüche, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden sind und mit denen deshalb nicht zu rechnen war, verjähren künftig in einem Jahr.

Unternehmergesellschaft: Keine Volleinzahlungspflicht bei Kapitalerhöhung

Die Anmeldung zum Handelsregister kann bei einer GmbH erst dann erfolgen, wenn die Einzahlungen mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals, also 12.500 EUR, erreicht haben. Für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist hingegen geregelt, dass das Stammkapital in voller Höhe eingezahlt werden muss. Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart war nun strittig, ob auch im Fall der Kapitalerhöhung (hier: Erhöhung des Stammkapitals von 1.000 EUR auf 25.000 EUR) und des Übergangs einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) in eine „reguläre“ GmbH die Anmeldung zum Handelsregister von der Volleinzahlung des Stammkapitals abhängig zu machen ist.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart ist der Ansicht, dass für den Kapitalerhöhungsvorgang auf das GmbH-Mindestkapital für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) keine strengeren Maßstäbe gelten sollen als diejenigen, die bei der Neugründung einer „normalen“ GmbH anzuwenden sind. Somit darf die Eintragung der Erhöhung des Stammkapitals auf 25.000 EUR nicht von der Volleinzahlung des Stammkapitals abhängig gemacht werden (OLG Stuttgart, 8 W 341/11).

Hintergrund: Bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) handelt es sich nicht um eine eigene Rechtsform. Sie stellt lediglich eine Variante der GmbH dar. Sonderbestimmungen finden sich im § 5a des GmbH-Gesetzes.

Wesentliches Merkmal der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist, dass bei der Gründung bereits ein Stammkapital von 1 EUR ausreicht. Allerdings darf diese GmbH ihre Gewinne zunächst nicht voll ausschütten, sondern muss jährlich ein Viertel des erwirtschafteten Gewinns zurücklegen, bis das Mindeststammkapital von 25.000 EUR der „normalen" GmbH erreicht ist. Ist die Rücklagenbildung abgeschlossen, kann die Unternehmergesellschaft in eine GmbH ohne Zusatz umgewandelt werden.

Verdeckte Gewinnausschüttung: Grundlose Senkung der Darlehenszinsen

Im Zweifel liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn eine Gesellschaft ihren Gesellschafter-Geschäftsführern Darlehen zu einem festen Zinssatz gewährt und die Gesellschafterversammlung - ohne Nennung besonderer Gründe - eine Herabsetzung beschließt, so das Finanzgericht Hamburg. 

Im Streitfall gewährte eine GmbH ihren Gesellschafter-Geschäftsführern Darlehen zu einem Zinssatz von sechs Prozent. Zinsanpassungsklauseln enthielten die Verträge nicht. Demzufolge war es für das Finanzgericht Hamburg unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage ein fremder Dritter eine Reduzierung des vertraglich festgelegten Zinssatzes hätte verlangen und erreichen können. 
Der von der GmbH vorgebrachte schlichte Hinweis auf die veränderten „wirtschaftlichen Gegebenheiten” hätte nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg jedenfalls unter fremdüblichen Bedingungen nicht ausgereicht; denn niemand verzichtet ohne Weiteres auf vertraglich vereinbarte Zinsen, auch nicht teilweise. Da nachvollziehbare sonstige Gründe von der GmbH nicht vorgetragen wurden, stufte das Finanzgericht die Herabsetzung als verdeckte Gewinnausschüttung ein. 

Hintergrund: Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch eine Vorteilsgewährung an einen Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person eintritt und nicht auf einem Gewinnverteilungsbeschluss der Gesellschaft beruht. Sie muss ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben und sich auf die Höhe des Einkommens der Kapitalgesellschaft auswirken (FG Hamburg, 6 V 169/10).

Aktuelle Gesetzgebung: ELENA-Verfahren wird abgeschafft

Der Bundesrat hat die Aufhebung des ELENA-Verfahrens (Elektronischer Entgeltnachweis) gebilligt. Damit ist der Weg frei, um das ELENA-Verfahren noch vor Jahresende einzustellen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie teilte mit, dass Arbeitgeber ab Inkrafttreten des Gesetzes am Tag nach seiner Verkündung von den elektronischen Meldepflichten befreit sind. Es werden dann keine Arbeitnehmerdaten mehr angenommen und alle bisher gespeicherten ELENA-Daten unverzüglich gelöscht.

Zum Hintergrund: Seit 2010 müssen jeden Monat teilweise hochsensible Arbeitnehmer-Daten an eine zentrale Speicherstelle gemeldet werden. Mithilfe dieser Daten sollte die Arbeitgeberverpflichtung zur Ausstellung von Entgelt- bzw. Lohnbescheinigungen durch ein elektronisches Verfahren ersetzt werden. Anträge auf Sozialleistungen sollten so beschleunigt werden.

Ursächlich für die Aufhebung sind Probleme mit der qualifizierten elektronischen Signatur und das notwendige Sicherheitsniveau im Bereich des Datenschutzes (BMWi, Mitteilung vom 4.11.2011; Gesetz zur Änderung des Beherbergungsstatistikgesetzes und des Handelsstatistikgesetzes sowie zur Aufhebung von Vorschriften zum Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises).

Adressbuchverlag: Täuschendes Angebot kann angefochten werden

Das Formular eines Adressbuchverlags ist täuschend, wenn es die Begründung einer Entgeltpflicht und die Laufzeit des Vertrags nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen lässt. Ein Vertrag kann daher wirksam angefochten werden.

Hierauf wies das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Handelsunternehmens hin. Dieses hatte per Post ein Antragsformular für ein Internetverzeichnis erhalten, in das sich Selbstständige und Gewerbetreibende mit ihren Kontaktdaten eintragen lassen können. Das Formular wurde ausgefüllt und zurückgeschickt. Als das Unternehmen kurz darauf eine Rechnung über 773,50 EUR erhielt, verweigerte es die Zahlung und erklärte die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung. Von einer Kostenpflicht habe es nichts gewusst.

Die Klage des Verzeichnis-Betreibers hatte vor dem AG keinen Erfolg. Der Richter hielt die Anfechtung für berechtigt und wies die Klage daher ab. Eine Täuschung liege hier in Form der Entstellung von Tatsachen vor. Das Formular eines Adressbuchverlags sei täuschend, wenn es die Begründung einer Entgeltpflicht und die Laufzeit des Vertrags nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen lasse. Dies träfe hier auf das Antragsformular zu. Das Formblatt werde als gewerbliches Verzeichnis beschrieben. Eine Entgeltlichkeit der Eintragung in das Internetverzeichnis ergebe sich bei einer Lektüre des Formblatts zunächst nicht, insbesondere auch nicht aus der Verwendung des Wortes „gewerblich“. Tatsächlich erwecke die Formulierung in ihrer konkreten Verwendung eher den Eindruck, als ob sich die Bezeichnung „gewerblich“ auf den Charakter des Internetverzeichnisses als Gewerbedatenbank beziehe, also auf den Umstand, dass die dort eingetragenen Firmen und Personen Gewerbetreibende seien. Ein konkreter Hinweis auf die Entgeltpflicht finde sich erstmals innerhalb eines klein gedruckten eingerahmten Fließtextes im Bereich des rechten Seitendrittels. Dieser erwecke den Eindruck, als sei hier durch Verwendung möglichst zahlreicher, sich inhaltlich überschneidender Füllwörter versucht worden, das Wort „Vergütungshinweis“ in dem Fließtext zu verbergen bzw. möglichst weit nach unten zu rücken. Bereits die Überschrift enthalte eine durch Kommata getrennte Aufzählung von Positionen, die sich insgesamt auf sechs Zeilen der Spalte erstreckten. Diese Art der Gestaltung sei objektiv geeignet, das Überlesen des Wortes „Vergütungshinweis“ zu fördern.

Im konkreten Fall gäbe es für die unprofessionelle, für einen Gewerbetreibenden, der ein entgeltliches Produkt anbiete und bewerben wolle, gänzlich untypische Gestaltungsweise des Formblattes letztlich überhaupt keine andere Erklärung, als dass - jedenfalls teilweise - „Kunden“ dadurch gewonnen werden sollen, dass sie infolge Irrtums über die Entgeltlichkeit das Formblatt unterzeichnen und zurücksenden (AG München, 213 C 4124/11).

Hinweis: Es wird davor gewarnt, Angebote und Rechnungen von Unternehmen, die die Veröffentlichung der Firmendaten in sogenannten Gewerberegistern oder Verwaltungsregistern anbieten, ungeprüft zu bezahlen. Neu registrierte Firmen erhalten oft Schreiben, die die Veröffentlichung der Firmendaten in sogenannten Gewerberegistern, Verwaltungsregistern oder Registerzentralen anbieten. Auf den ersten Blick erwecken diese Schreiben, die wie eine Rechnung gestaltet sind, den Anschein, von öffentlichen Stellen zu stammen oder auch die Rechnung des Registergerichts zu sein. Nur wer näher hinschaut, insbesondere ins „Kleingedruckte“, erkennt, dass es sich um ein Angebot zu einer Eintragung in ein privat geführtes Register handelt, das mit dem Gericht nichts zu tun hat. Rechnungen des Gerichts kommen ausschließlich von den Justizkassen.

Elektronische Bilanz: Einführung wird faktisch verschoben

Nun ist es amtlich: Die Einführung der elektronischen Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen wird faktisch verschoben.

Aus dem endgültigen Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeri-ums geht hervor, dass die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung erstmals für das Wirtschaftsjahr 2013 - also regelmäßig im Jahr 2014 - elektronisch übermittelt werden müssen. Für das Wirtschaftsjahr 2012 ist die Abgabe in Papierform somit noch zulässig (BMF-Schreiben, IV C 6 - S 2133-b/11/10009).

GbR: Einzelgeschäftsführungsbefugnis erlischt mit Auflösung der Gesellschaft

Ist eine Publikumsgesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgestaltet, erlischt eine zuvor erteilte Einzelgeschäftsführungsbefugnis mit der Auflösung der Gesellschaft.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter führten aus, dass ab dem Zeitpunkt der Auflösung die Geschäftsführung und Vertretung allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zustehe. Mit der Auflösung habe sich der Gesellschaftszweck geändert. Dieser bestehe nun nur noch in der Auseinandersetzung und den hierbei erforderlichen Maßnahmen bei der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens. Die gemeinschaftliche Geschäftsführung ziele darauf ab, sämtliche Gesellschafter in die Liquidationsmaßnahmen einzubeziehen. Sinn und Zweck dieser Regelung liege darin, dass die Interessen der Gesellschafter bei der Liquidation stärker voneinander abweichen, als bei einer bestehenden werbenden Gesellschaft.

Hinweis: Für die Abwicklung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann das Gericht aus wichtigen Gründen - z.B. hohe Zahl an Gesellschaftern - Liquidatoren ernennen (BGH, II ZR 199/10).

Rundfunkgebühren: Keine Geltung für beruflich genutzte Zweitcomputer

Das Bundesverwaltungsgericht hat gleich in drei Urteilen entschieden, dass Selbstständige, die einen Teil ihrer Wohnung für die Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit nutzen, für die dafür vorgehaltenen internetfähigen PCs keine Rundfunkgebühren zahlen müssen. Dies gilt, wenn in den anderen - ausschließlich privat genutzten - Räumen herkömmliche Fernseh- und Rundfunkgeräte vorhanden sind, für die Rundfunkgebühren entrichtet werden (BVerwG, 6 C 15.10, 6 C 45.10, 6 C 20.11).

Verdeckte Gewinnausschüttung: Bei Nichtauszahlung des Gehalts

Wird der mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossene Geschäftsführer-Anstellungsvertrag nicht wie vereinbart durchgeführt, weil die vereinbarten monatlichen Vergütungen nicht bei Fälligkeit geleistet, sondern erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres auf einem Verrechnungskonto als Verbindlichkeit ausgewiesen werden, liegt in Höhe der als Betriebsausgaben geltend gemachten Geschäftsführervergütungen eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.

Von diesem Grundsatz besteht nach einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts (FG) München nur dann eine Ausnahme, wenn sich die Nichtdurchführbarkeit der Vereinbarung zwangsläufig aus der Situation der Gesellschaft ergibt, diese sich insbesondere in finanziellen Schwierigkeiten befindet. Aber auch in diesem Fall müssen die nicht ausgezahlten Gehälter zeitnah nach ihrer Fälligkeit auf dem Verrechnungskonto verbucht werden.

Hinweise: Vor allem bei einem beherrschenden Gesellschafter ist darauf zu achten, dass die Vereinbarungen auch tatsächlich umgesetzt werden. Ungeachtet der Angemessenheit können bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern verdeckte Gewinnausschüttungen nämlich auch dann vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung erbringt, für die eine klare, im Voraus getroffene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung fehlt.

Ein Gesellschafter beherrscht die GmbH grundsätzlich dann, wenn er mehr als 50 Prozent der Stimmrechte besitzt und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Auch eine Beteiligung von 50 Prozent oder weniger reicht aus, wenn Umstände hinzukommen, die eine Beherrschung begründen. Dazu ist es erforderlich, dass mehrere Gesellschafter mit gleichgerichteten Interessen zusammenwirken, um eine ihren Interessen entsprechende einheitliche Willensbildung herbeizuführen (FG München, 7 K 1349/09).

Handelsregister: Wortlaut der einzureichenden Gesellschafterliste

Veränderungen in den Personen der Gesellschafter etc. müssen vom mitwirkenden Notar unverzüglich zum Handelsregister angemeldet werden. Dabei muss die vom Notar bescheinigte Gesellschafterliste aber nicht genau dem Wortlaut des § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG entsprechen.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Die Richter machten deutlich, dass der vom Notar gewählte Wortlaut nur denselben Inhalt haben müsse. Es müsse vom Notar also darauf geachtet werden, dass sich aus der Bescheinigung ebenso eindeutig wie aus dem Gesetzestext ergebe, dass - abgesehen von den nun neu bescheinigten Veränderungen - die Eintragungen in der Gesellschafterliste mit dem Inhalt der sich aus dem Handelsregister ergebenden letzten Eintragung übereinstimmen (OLG Stuttgart, 8 W 120/11).

Mitgliederversammlung: Erledigter TOP ist erledigt

Ein bereits erledigter Tagesordnungspunkt (TOP) darf auf der gleichen Mitgliederversammlung nicht wieder aufgenommen werden, wenn inzwischen Mitglieder die Versammlung verlassen haben.

Diese auch in der Literatur vertretene Auffassung zum Vereinsrecht hat das Kammergericht (KG) Berlin bestätigt. Die Richter begründeten ihre Entscheidung folgendermaßen: Werde eine Zweitabstimmung zum selben Beschlussgegenstand durchgeführt, müssten die Rechte der Versammlungsmitglieder auf gleichberechtigte Teilhabe an der vereinsinternen Willensbildung gewahrt bleiben. Das sei nicht der Fall, wenn Teilnehmer, die die Versammlung vorzeitig verlassen haben, nicht darüber informiert würden, dass eine weitere Abstimmung zu diesem Gegenstand in Betracht komme.

Hinweis: Der Grundgedanke dieser Entscheidung aus dem Vereinsrecht gilt natürlich auch für Gesellschaftsversammlungen (KG, 24 U 156/10).

Beweisvorsorge: Zahlungsnachweise über die Stammeinlage aufbewahren

Der Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage im Hinblick auf daraus resultierende Anschaffungskosten muss nicht zwingend allein durch den entsprechenden Zahlungsbeleg geführt werden. Vielmehr muss das Finanzgericht alle Indizien im Rahmen einer Gesamtwürdigung prüfen, so der Bundesfinanzhof.

Im entschiedenen Fall wurde das Insolvenzverfahren einer in 1986 gegründeten GmbH im Jahr 2006 mangels Masse abgelehnt. Die GmbH wurde daraufhin im Handelsregister gelöscht. In ihrer Einkommensteuererklärung 2006 machte die wesentlich beteiligte Gesellschafterin A den Verlust aus ihrer Beteiligung geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil A keinen Beleg über die Einzahlung ihrer Einlage vorlegen konnte. Auch die gegen die Einspruchsentscheidung eingelegte Klage hatte keinen Erfolg.

Im Revisionsverfahren gab der Bundesfinanzhof (BFH) der Klage der A schließlich statt. Im vorliegenden Fall hat das Finanzgericht, so der BFH, nämlich verkannt, dass es sich bei der Einzahlungsverpflichtung laut Gesellschaftsvertrag, der Bilanzierung ausstehender Einlagen bei der GmbH mit 0 DM, wie auch der Eintragung der GmbH, um Indizien handelt, die in eine Gesamtwürdigung hätten einfließen müssen. Stattdessen hat das Finanzgericht alle festgestellten Indizien nur je für sich, aber nicht insgesamt gewürdigt. Schlussendlich hatte der BFH keine Zweifel, dass A die Einlage vollständig erbracht hatte.

Hinweis: So positiv diese Entscheidung auch ist, sollte man in der Praxis einen Indizienbeweis vermeiden und vielmehr rechtzeitig Beweisvorsorge betreiben. Dazu müssen die Zahlungsnachweise über die Einlage aufbewahrt werden (BFH, IX R 44/10).

Investitionsabzugsbetrag: Zur Investitionsabsicht und Dokumentation

Wird ein Investitionsabzugsbetrag mit der Steuererklärung des Abzugsjahres geltend gemacht, ist daraus auf eine Investitionsabsicht im Investitionszeitraum zu schließen. Dies gilt auch, wenn die Steuererklärung erst im Einspruchsverfahren gegen einen Schätzungsbescheid abgegeben wird, so der Bundesfinanzhof.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das Nachweiserfordernis (Benennung der Funktion der Wirtschaftsgüter und Angabe der voraussichtlichen Anschaffungskosten) in zeitlicher Hinsicht nicht an den Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung gebunden, sodass bereits eingereichte Unterlagen im Einspruchs- bzw. Klageverfahren noch vervollständigt werden können.

Diese steuerzahlerfreundliche Entscheidung ergänzt der BFH um die Aussage, dass es nicht von Bedeutung ist, ob die Investition im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung schon erfolgt ist. Insoweit ist die tatsächliche Investition innerhalb des Investitionszeitraums vor der Abgabe der Steuererklärung nicht einer „nachträglichen Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen” gleichzustellen, die nach der Verwaltungsauffassung einem besonderen Anerkennungsrisiko ausgesetzt ist. Eine nachträgliche Inanspruchnahme liegt nur vor, wenn die Abzugsbeträge nicht schon im Rahmen der mit der Steuererklärung eingereichten Gewinnermittlung, sondern auf der Grundlage eines später gestellten Antrags begehrt werden.

Beispiel: Da Unternehmer A keine Steuererklärungen für 2009 eingereicht hat, werden die Besteuerungsgrundlagen vom Finanzamt geschätzt. Im Einspruchsverfahren reicht A seine Steuererklärung am 3.9.2011 ein und beantragt einen Investitionsabzugsbetrag für den geplanten Kauf einer Abfüllmaschine. Obwohl A die Maschine bereits im Januar 2011 angeschafft hat, ist der Investitionsabzugsbetrag im Jahr 2009 zulässig.

Zum Hintergrund: Für die künftige Anschaffung oder Herstellung von neuen oder gebrauchten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann ein Investitionsabzugsbetrag von bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend gemacht werden. Dies setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut nahezu ausschließlich, d.h. mindestens zu 90 Prozent, betrieblich genutzt werden soll.

Die Investitionsfrist, innerhalb derer das Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt werden muss, beträgt drei Jahre. Unterbleibt die Investition, ist der Abzug im Jahr der Vornahme rückgängig zu machen. Das führt rückwirkend zu einer Gewinnerhöhung und zu einer Verzinsung der daraus resultierenden Steuernachforderung in Höhe von sechs Prozent im Jahr (BFH, I R 90/10).

Verlustabzug: Verstößt Sanierungsklausel doch nicht gegen EU-Recht?

Das Finanzgericht Münster hat erhebliche Zweifel, ob die Sanierungsklausel - wie die Europäische Kommission festgestellt hat - als unzulässige Beihilfe anzusehen ist. Im Streitfall hat das Finanzgericht daher die Vollziehung von Steuerbescheiden ausgesetzt, in denen das Finanzamt Verluste nicht mehr berücksichtigt hatte, obwohl die Voraussetzungen der Sanierungsklausel erfüllt waren. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Zum Hintergrund 
Kapitalgesellschaften können Verlustvorträge grundsätzlich nicht mehr nutzen, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 Prozent des Anteilsbesitzes auf einen Erwerber übergehen (quotaler Untergang bei über 25 Prozent bis 50 Prozent). Diese Verlustabzugsbeschränkung gilt jedoch nicht, wenn der Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs erfolgt.

Aufgrund einer Entscheidung der Europäischen Kommission vom 26.1.2011 dürfen deutsche Finanzämter die Sanierungsklausel grundsätzlich nicht mehr anwenden - trotz der seitens der Bundesregierung insoweit beim Gericht der Europäischen Union erhobenen Nichtigkeitsklage.

Verlustabzugsverbot verfassungswidrig? 
Das Finanzgericht Hamburg ist sogar darüber hinaus der Auffassung, dass die Versagung der Verlustverrechnung bei einem Gesellschafterwechsel insgesamt verfassungswidrig ist und hat diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Vor diesem Hintergrund sollten vergleichbare Fälle offengehalten werden (FG Münster, 9 V 357/11 K, G; FG Hamburg, 2 K 33/10, Az. des BVerfG: 2 BvL 6/11).

Aktuelle Gesetzgebung: Pläne für EU-Unternehmensregister

Auf Vorschlag der Europäischen Kommission sollen die nationalen Unternehmensregister in der EU miteinander elektronisch verbunden werden. Beabsichtigt ist damit, zukünftig eine schnelle und zuverlässige europaweite Abfrage aktueller Unternehmensinformationen zu ermöglichen.

Der Öffentlichkeit, Verbrauchern und Handelspartnern, aber auch Finanzbehörden und Gerichten soll ein verbesserter Zugang zu amtlichen Unternehmensdaten verschafft werden. Durch die Verknüpfung werden auch grenzüberschreitende Transaktionen und Fusionen besser sichtbar. EU-Parlament und den EU-Rat werden jetzt die Richtlinie beraten. Stimmen sie zu, wird es eine zweijährige Umsetzungsfrist in das nationale Recht geben.

Weiterführender Hinweis

Unter www.unternehmensregister.de können für deutsche Unternehmen - auch Stiftungen - kostenfrei Rechtsform, Sitz, Gesellschaftskapital, gesetzliche Vertreter sowie bereits veröffentlichte Jahresabschlüsse eingesehen werden. Darüber hinausgehende Informationen können kostenpflichtig abgefragt werden.

Vorsteuer: Vorsteuer aus laufenden Kosten trotz Nichtzuordnung des Wirtschaftsguts

Der Bundesfinanzhof hat aktuell klargestellt, dass der Vorsteuerabzug aus laufenden Gebäudekosten - soweit sie mit besteuerten Umsätzen zusammenhängen - auch dann möglich ist, wenn die Immobilie nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet wurde.

Hat der Unternehmer z.B. wegen einer nichtunternehmerischen Gebäudenutzung keine Zuordnung zum Unternehmensvermögen im Erwerbs- oder Errichtungsjahr vorgenommen, kann nach dem aktuellen Beschluss des Bundesfinanzhofs aber zumindest die Vorsteuer aus den laufenden Kosten beansprucht werden.

Hinweise: Auch der Vorsteuerabzug aus laufenden Kfz-Kosten hängt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht von der Zuordnung des Fahrzeugs zum Unternehmensvermögen ab. 
Ist beim Erwerb des Kfz bereits absehbar, dass die Umsatzsteuer auf die Privatnutzung und den späteren Veräußerungs- oder Entnahmeerlös den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung übersteigt, sollte der Pkw nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden.

Dies gilt insbesondere für Kfz, die ohne Vorsteuerabzug, also z.B. „von privat“ erworben wurden. Bei diesen kommt es allerdings nur beim Verkauf, nicht jedoch bei der Entnahme zur Umsatzbesteuerung (BFH, XI B 98/10; V R 25/96).

Due Diligence-Kosten: Keine sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben

Bei der Anschaffung von Gesellschaftsanteilen sind die Kosten der finanziellen und rechtlichen Due Diligence regelmäßig den Anschaffungskosten zuzuordnen und somit keine sofort abziehbaren Betriebsausgaben. Dies entschied das Finanzgericht Köln.

Hinweis: Unter Due Diligence versteht man die umfassende und systematische Analyse des Unternehmens, das Gegenstand des Erwerbs sein soll. Dabei geht es vor allem um die Aufdeckung von Risiken.

Im entschiedenen Fall behandelte eine deutsche Aktiengesellschaft Beratungskosten in Höhe von ca. 350.000 EUR, die ihr im Zusammenhang mit dem Erwerb einer britischen Limited und zweier niederländischer Unternehmen entstanden waren, als sofort abziehbare Betriebsausgaben. Das Finanzgericht Köln hingegen beurteilte die Kosten als aktivierungspflichtige Anschaffungsnebenkosten und folgte dabei der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Danach sind Gutachtenkosten, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von GmbH-Geschäftsanteilen anfallen, als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren, wenn sie nach einem grundsätzlich gefassten Erwerbsentschluss entstehen und das Gutachten nicht lediglich der Vorbereitung einer noch unbestimmten, erst später zu treffenden Erwerbsentscheidung dient. 
Das Finanzgericht Köln stellte entscheidend darauf ab, dass zum Zeitpunkt der Erteilung eines Due Diligence Auftrags regelmäßig davon auszugehen ist, dass bereits eine grundsätzliche Erwerbsentscheidung gefallen ist. Die Annahme, ein Zielunternehmen eröffne einem Interessenten einen derartig weitgehenden Zugriff auf die Unternehmensinterna, ohne dass die Geheimhaltung und ein gemeinsames Ziel wie ein Kauf oder eine Verschmelzung vereinbart worden seien, hält das Finanzgericht Köln für lebensfremd.

Hinweis: Das Finanzgericht Köln hatte gegen seine Entscheidung u.a. deshalb die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen, weil die bisherigen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs jeweils zu Überschusseinkünften und nicht zu Gewinneinkünften ergangen sind. Da die Revision aber nicht eingelegt wurde, ist das Urteil mittlerweile rechtskräftig (FG Köln, 13 K 4188/07).

Handelsvertreter: Anspruch auf kostenlose Überlassung nur bei bestimmten Hilfsmitteln

Ein Handelsvertreter hat nur in ganz bestimmten Fällen gegen den Unternehmer einen Anspruch auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Unter-Handelsvertreters eines Unternehmens, das seinerseits Finanzprodukte vertreibt. Das Unternehmen bot seinen Handelsvertretern kostenpflichtige Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen an. Zur Unterstützung ihrer Vermittlungstätigkeit konnten die Handelsvertreter vom Unternehmen ferner verschiedene mit deren Logo versehene Artikel wie Briefpapier, Visitenkarten, Datenerhebungsbögen und Werbegeschenke aller Art gegen Entgelt erwerben. Das gleiche galt für die von dem Unternehmer herausgegebene Zeitschrift „Finanzplaner“, die die Handelsvertreter für die von ihnen betreuten Kunden bestellen konnten. Sofern hiervon Gebrauch gemacht wurde, wurden die dadurch entstandenen Kosten vereinbarungsgemäß dem jeweiligen Provisionskonto belastet. Für die Benutzung der erforderlichen Vertriebssoftware wurde den Handelsvertretern ein monatlicher Betrag von 80 EUR in Rechnung gestellt und dem Provisionskonto belastet. Mehrere Handelsvertreter verlangten die berechneten Beträge erstattet.

Der BGH hat entschieden, dass nur ein eingeschränkter Anspruch des Handelsvertreters auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln bestehe. Dieser bestehe nur, wenn er auf die Hilfsmittel angewiesen sei, um seiner Pflicht zur Vermittlung beziehungsweise zum Abschluss von Geschäften nachzukommen. Das haben die Richter im vorliegenden Fall für das Softwarepaket bejaht. Es enthalte nämlich Komponenten, ohne die eine Vermittlungstätigkeit nicht möglich gewesen wäre. Demgegenüber habe der Handelsvertreter die in seinem Geschäftsbetrieb anfallenden Aufwendungen selbst zu tragen. Hierzu gehöre insbesondere seine Büroausstattung, aber auch Werbegeschenke sowie die - nicht als Produktbroschüre anzusehende - Zeitschrift "Finanzplaner". Diese Zeitschrift werde nur zur Kundenpflege eingesetzt. Auch die Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen müssten nicht kostenlos gewährt werden. Es gehe dabei nicht um die Vermittlung von Produktinformationen, sondern um den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen, die der Unter-Vermittler benötigte, um sein Tätigkeitsfeld - z.B. auf den Vertrieb von Immobilien - zu erweitern. Für die anderen Positionen bestehe demzufolge kein Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen Beträge (BGH, VIII ZR 10/10).

Selbstanzeige: Verschärfte Regeln sind in Kraft

Das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (kurz Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) ist am 3.5.2011 in Kraft getreten. Kernpunkt der Gesetzesänderung ist die Neuregelung der Selbstanzeige, deren missbräuchliche Handhabung verhindert werden soll.

Im Fokus stehen insbesondere folgende Punkte:

  • Die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige erfolgt nur noch bei vollständiger Offenbarung aller noch nicht verjährten Steuerstraftaten einer Steuerart. Eine steuerstrafrechtliche Lebensbeichte ist damit jedoch nicht verbunden, sodass z.B. eine Selbstanzeige wegen verschwiegener Kapitaleinkünfte auch dann wirksam ist, wenn die Erbschaftsteuererklärung nicht berichtigt wurde. 
  • Die Selbstanzeige ist ab dem Zeitpunkt ausgeschlossen, ab dem dem „Täter“ Entdeckung droht. Das ist bereits der Fall, wenn eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist. Durch die zeitliche Vorverlegung des Ausschlussgrundes wird das Erscheinen des Prüfers zur Ausnahme. 
  • Beträgt der Hinterziehungsbetrag mehr als 50.000 EUR (je Steuerart und Besteuerungszeitraum), tritt keine Straffreiheit mehr ein. Von der Verfolgung einer Steuerstraftat wird jedoch abgesehen, wenn neben Steuern und Zinsen zusätzlich 5 Prozent der hinterzogenen Steuern gezahlt werden 

(Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) vom 28.4.2011).

Forderungsverkauf: Bemessungsgrundlage kann geschätzt werden

Der Bundesfinanzhof hat jüngst entschieden, dass sich die Bemessungsgrundlage für die ausgeführte Leistung aufgrund einer Abtretung der zugrunde liegenden Forderung gegen einen unter dem Nennwert liegenden Kaufpreis nicht ändert. Das Entgelt bestimmt sich vielmehr nach der Zahlung der Kunden an den Forderungserwerber, sodass erst eine Nicht- oder Minderzahlung des Leistungsempfängers an das Inkassounternehmen zu einer Entgeltminderung führen kann.

In der Praxis kann es insoweit zu Problemen kommen, als das Inkassounternehmen regelmäßig kein Interesse daran haben wird, dem Unternehmer mitzuteilen, in welcher Höhe die abgetretene Forderung vereinnahmt wurde.

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a.M. weist nun darauf hin, dass für das Inkassobüro keine Mitwirkungspflicht als Beteiligter im Besteuerungsverfahren besteht. Soweit keine weiteren Feststellungen zum Umfang der Zahlungen des Leistungsempfängers an den Forderungserwerber getroffen werden können, sind die Besteuerungsgrundlagen des Forderungsverkäufers zu schätzen. Bei der Schätzung kann davon ausgegangen werden, dass das Inkassobüro die Forderung im Regelfall nicht in vollem Umfang einziehen wird.

Hinweis: Der Unternehmer sollte sich - soweit möglich - schon im Vorfeld zusichern lassen, dass er die Höhe der Entgeltminderung erfährt (OFD Frankfurt a.M., S 7200 A - 254 - St 111; BFH, V R 15/09).

Betriebsveranstaltung: Abstellen auf geplante Teilnehmerzahl zulässig

Wendet der Arbeitgeber dem einzelnen Arbeitnehmer anlässlich einer Betriebsveranstaltung brutto insgesamt mehr als 110 EUR zu, sind die Aufwendungen dem Arbeitslohn hinzuzurechnen. Bei der Bemessung dieser Freigrenze sind grundsätzlich alle Kosten durch die Anzahl der Teilnehmer zu teilen. Dabei ist regelmäßig auch zu berücksichtigen, wenn Arbeitnehmer letztlich doch nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf hält es aber für gerechtfertigt, in diesem Fall auf den geplanten Teilnehmerkreis abzustellen.

Sachleistungen, die weder den nicht teilnehmenden noch den teilnehmenden Arbeitnehmern als Arbeitslohn zugewendet worden sind, dürfen nicht in die Durchschnittsberechnung einbezogen werden. Sie dürfen den teilnehmenden Arbeitnehmern wertmäßig selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn dem Arbeitgeber dafür entsprechende Betriebsausgaben entstanden sind - so das FG Düsseldorf.

Im Streitfall waren damit weder die überzähligen Speisen und Getränke noch die überdimensionierten sonstigen Sachleistungen für den äußeren Rahmen (Kinderanimation, Live-Musik, Zelt etc.) den teilnehmenden Arbeitnehmern zugewendet worden. Denn sie haben durch die Nicht-Teilnahme eines Großteils der angemeldeten Arbeitnehmer keine Bereicherung erfahren.

Hinweis: Das FG Düsseldorf hält die Freigrenze von 110 EUR im Jahr 2005 noch als sachgerecht und angemessen (FG Düsseldorf, 11 K 908/10 L, Rev. unter VI R 7/11).

GmbH: Keine Geschäftsführerhaftung bei Vollstreckungsmaßnahmen nach Zahlungsunfähigkeit

Werden infolge eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses noch nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch eine Kontopfändung Zahlungen an das Finanzamt erbracht, haftet der Geschäftsführer nicht persönlich für den Schaden, der den Gläubigern hierdurch entsteht.

Mit dieser Entscheidung stützt das Oberlandesgericht (OLG) München die Rechtsposition des GmbH-Geschäftsführers. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Geschäftsführer einer GmbH nur für Schmälerungen des Gesellschaftsvermögens verantwortlich gemacht werden könne, die entweder nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mit seinem Wissen und Wollen erfolgten oder die er andererseits hätte verhindern können. Auf eine Kontenpfändung des Finanzamts habe er jedoch keinen Einfluss. Die Zahlung und die dadurch verursachte Schmälerung des Gesellschaftsvermögens zulasten der Gläubigermehrheit sei insofern nicht durch ihn „veranlasst“ worden (OLG München, 7 U 4342/10).

GmbH: Verzicht auf Darlehensforderung kann zu Werbungskosten führen

Wenn ein geschäftsführender Kleingesellschafter seiner GmbH ein Darlehen gewährt, später aber auf die Rückzahlung verzichtet, kann der Verzicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führen, soweit die Darlehensforderung noch werthaltig ist.

Im Urteilsfall war der Steuerpflichtige als Geschäftsführer an seiner Arbeitgeberin, einer GmbH, mit rund fünf Prozent beteiligt. Für einen geplanten Börsengang ließ sich die GmbH von ihren Gesellschaftern Liquiditätshilfedarlehen gewähren. Nachdem der Börsengang gescheitert war und die GmbH Kapital benötigte, forderten die Großgesellschafter die Kleingesellschafter unter Hinweis auf die sonst drohende Insolvenz auf, auf ihre Darlehen zu verzichten. In der Einkommensteuererklärung machte der Steuerpflichtige den Darlehensverlust als Werbungskosten geltend. Begründung: Er habe den Verzicht zur Rettung seines Arbeitsplatzes erklärt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) war zwar der Ansicht, dass die Darlehensgewährung selbst durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst war. Die Richter hielten es aber für naheliegend, dass der Verzicht tatsächlich zur Rettung des Arbeitsplatzes erklärt wurde.

Hinweis: Der BFH hat den Rechtsstreit an das Finanzgericht zurückverwiesen. Sollte das Finanzgericht zu dem Schluss kommen, dass der Verzicht erklärt wurde, um den Arbeitsplatz zu sichern, ist zu prüfen, welchen Wert die Darlehensforderung im Zeitpunkt des Verzichts noch hatte. Denn nur in dieser Höhe sind dem Steuerpflichtigen Aufwendungen entstanden, die er als Werbungskosten abziehen kann (BFH, V R 34/08).

Abgrenzung: Selbstständige versus nichtselbstständige Tätigkeit

Wer als Gesellschafter-Geschäftsführer mit seiner GmbH einen Beratungsvertrag (hier: beratende Begleitung bei der Finanztechnik und Einbringung persönlicher Kontakte im Bankenbereich) schließt, erzielt nicht zwangsläufig - wie beabsichtigt - Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Ob Einkünfte aus selbstständiger, nichtselbstständiger oder gar gewerblicher Tätigkeit vorliegen, muss anhand der allgemeinen Abgrenzungskriterien bestimmt werden.

Der Steuerpflichtige hatte im Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Niedersachsen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit geltend gemacht. Das Finanzamt stufte die Einkünfte als gewerblich ein und erließ insoweit einen Gewerbesteuermessbescheid. Das FG hingegen ging von einer nichtselbstständigen Tätigkeit aus. Denn außerhalb des Geschäftsführungsbereichs können durch gesonderte Abmachung nur dann selbstständige Leistungen vereinbart werden, wenn sich diese inhaltlich und formal von der eigentlichen Geschäftsführungsaufgabe unterscheiden.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob diese Entscheidung auf und verwies den Fall an das FG zurück. Bei der erneuten rechtlichen Würdigung habe es u.a. zu berücksichtigen, dass der Beratungsvertrag bereits seinem Wortlaut nach nicht als Arbeits- oder Anstellungsvertrag zu werten sei, weil die für einen Anstellungsvertrag typischen Regelungsinhalte fehlen.

Es gelten folgende Abgrenzungsmerkmale:

Für eine nichtselbstständige Tätigkeit können insbesondere persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Anspruch auf Urlaub und auf sonstige Sozialleistungen, Überstundenvergütung sowie Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und Eingliederung in den Betrieb sprechen.

Für persönliche Selbstständigkeit hingegen sprechen Selbstständigkeit in der Organisation und der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sowie Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung (BFH, VIII R 34/08).

Sachbezug: Tankkarten, Benzin- und Geschenkgutscheine

Die Unterscheidung zwischen Barlohn und Sachzuwendung spielt lohnsteuerlich eine große Rolle. So kommt z.B. die 44-EUR-Freigrenze nur zur Anwendung, wenn der Beschäftigte eine Sachzuwendung - nicht aber Barlohn - vom Arbeitgeber erhält. In gleich fünf Urteilen beschäftigte sich der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell mit der Behandlung von Tankkarten, Benzin- und Geschenkgutscheinen. Dabei erteilte er der Auffassung der Finanzverwaltung, die den Begriff Sachzuwendung bislang äußerst restriktiv ausgelegt hat, eine klare Absage.

Steuervorteile für Sachzuwendungen 
Für Sachzuwendungen kommen insbesondere folgende Vergünstigungen in Betracht:

Kostenlose oder verbilligte Sachbezüge können bis zu einer Monatsgrenze von 44 EUR - insgesamt für alle Vorteile - steuerfrei erbracht werden.

Vom Betrieb angebotene Waren oder Dienstleistungen können Arbeitnehmer mit einem Kostenvorteil von bis zu 1.080 EUR pro Jahr steuerfrei beziehen.

Fünf Urteilssachverhalte 
Den Urteilen des BFH lagen folgende Sachverhalte zugrunde: 
Im ersten Fall hatte der Arbeitgeber der Belegschaft das Recht eingeräumt, bei einer bestimmten Tankstelle gegen Vorlage einer elektronischen Tankkarte, auf der die Literzahl eines bestimmten Kraftstoffs und ein Höchstbetrag von 44 EUR gespeichert waren, auf seine Kosten tanken zu dürfen.

Im zweiten und dritten Fall erhielten mehrere Arbeitnehmer monatlich Benzingutscheine, mit denen an einer beliebigen Tankstelle getankt werden konnte. Die Gutscheine enthielten den Namen des Arbeitnehmers und lauteten z.B.: „Gutschein über PKW-Treibstoff SUPER bleifrei - 29 Liter, einzulösen im November 2007“. Die Arbeitnehmer bezahlten an der Tankstelle. Anschließend erstattete der Arbeitgeber ihnen den Betrag und bestätigte dies auf dem Gutschein.

Im vierten Fall ging es um Gutscheine im Wert von 20 EUR, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zum Geburtstag überließ, um diese bei einer Buchhandelskette einzulösen. 
Im fünften Fall war der Arbeitgeber verpflichtet, neben dem Gehalt verschiedene Zusatzleistungen zu erbringen. U.a. gewährte er einen regelmäßigen Gutschein-, Waren- oder Dienstleistungsbezug nach Wunsch des Arbeitnehmers im Wert von 44 EUR. Bis zum 30.11. eines Jahres konnten die Arbeitnehmer bestimmen, welche konkreten Waren, Dienstleistungen oder Gutscheine sie im Folgejahr beziehen wollten.

In allen Fällen behandelten die Arbeitgeber die Zuwendungen als Sachlohn und hielten angesichts der 44-EUR-Freigrenze keine Lohnsteuer ein. Die Finanzämter und Finanzgerichte hingegen gingen von Barlohn aus. Der BFH erteilte dieser Sichtweise schließlich eine Absage und gab den Klagen statt.

Die neuen Abgrenzungsgrundsätze 
Mit seinen Urteilen hat der BFH neue Grundsätze zur Abgrenzung von Bar- und Sachlohn aufgestellt. Vorab ist festzuhalten, dass Sachbezüge entgegen der bisherigen Verwaltungsmeinung auch vorliegen können, wenn der Gutschein einen Höchstbetrag, zum Beispiel die 44 EUR, enthält.

Ob Barlohn oder ein Sachbezug vorliegt, entscheidet sich danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber auf Grundlage der arbeitsrechtlichen Vereinbarung beanspruchen kann - Geld oder eine Sache. Kann der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen, liegen Sachbezüge vor. Unerheblich ist dabei, ob der Arbeitnehmer die Sache unmittelbar vom Arbeitgeber bezieht oder auf Kosten des Arbeitgebers von einem Dritten.

Hinweis: Von Sachlohn ist selbst dann auszugehen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Geld mit der Auflage zuwendet, den Geldbetrag nur zum Erwerb der geschuldeten Sache zu verwenden. 
Ein Sachbezug liegt auch vor, wenn Arbeitnehmern lediglich Gutscheine überlassen werden, die sie zum Bezug einer von ihnen selbst auszuwählenden Sach- oder Dienstleistung berechtigen und die bei einem Dritten einzulösen oder auf den Kaufpreis anzurechnen sind.

Hat der Arbeitnehmer dagegen auch einen Anspruch darauf, dass sein Arbeitgeber ihm anstelle der Sache den Barwert auszahlt, liegen selbst dann keine Sachbezüge vor, wenn der Arbeitgeber schlussendlich die Sache zuwendet (BFH, VI R 27/09, VI R 41/10, VI R 40/10, V R 21/09, VI R 26/08).

Wettbewerbsrecht: E-Bay Vertragsverstoß muss keine Wettbewerbswidrigkeit sein

Bietet ein Mitbewerber entgegen den Grundsätzen für die Nutzung der Internetplattform E-Bay als Verkäufer gleichzeitig mehr als drei Angebote mit identischem Artikel an, liegt darin noch kein Wettbewerbsverstoß.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Streit zweier gewerblicher Verkäufer. Einer von ihnen hatte sechs identische Produkte im „Sofort-Kaufen-Format“ angeboten und damit unstreitig gegen die E-Bay Grundsätze zum Einstellen identischer Artikel verstoßen. Eine in den Nutzungsgrundsätzen vorgesehene Ausnahme für zulässige Mehrfachangebote lag nicht vor. Sein Mitbewerber sah hierin einen Wettbewerbsverstoß.

Das OLG sah das jedoch nicht so. Ein Verstoß gegen ein vertragliches Werbeverbot betreffe den Kreis der Vertragspartner und könne dort sanktioniert werden, mangelnde Vertragstreue führe aber nicht automatisch zu einem Unlauterkeitsverdikt. Eine allgemeine Marktbehinderung scheide aus. Der Umstand, dass der Mitbewerber in der Suchergebnis-Liste erheblich öfter mit gleichen Produkten auftauche als die Konkurrenz, führe nicht zu einer ernsthaften Behinderung der Marktchancen der Mitbewerber, eine spürbare Beeinträchtigung der Verbraucher sei auch nicht erkennbar. Ebenso wenig liege eine gezielte Behinderung der Mitbewerber vor. Der Anbieter dränge sich - bildlich gesprochen - nicht gezielt zwischen den Mitbewerber und deren Kunden. Durch den Vertragsverstoß werde die Grenze zur Wettbewerbswidrigkeit daher nicht überschritten (OLG Hamm, I-4 U 142/10).

Geschäftsführervertrag: Vorsicht bei unterlassener Verlängerung aus Altersgründen

Unterbleibt die Verlängerung eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrags wegen des Alters des Geschäftsführers, kann dies eine unmittelbare Benachteiligung darstellen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln hin. In dem betreffenden Fall war der befristet abgeschlossene Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer kommunalen Betreibergesellschaft städtischer Krankenhäuser nicht verlängert worden. Begründet wurde dies mit dem Alter des Geschäftsführers (62 Jahre) und der Altersgrenze für Geschäftsführer städtischer Betriebe (65 Jahre), die der Geschäftsführer bei einer Verlängerung des Anstellungsvertrags überschreiten würde. Das OLG sah hierin eine unmittelbare Benachteiligung des Geschäftsführers. Dieser Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gebe dem Betroffenen einen Anspruch auf Ersatz seines materiellen Schadens (OLG Köln, 18 U 196/09).

Bekanntmachung: im elektronischen Bundesanzeiger reicht nicht immer aus

Die Bekanntmachung einer GmbH-Auflösung im elektronischen Bundesanzeiger erfüllt nicht in jedem Fall die satzungsgemäße Bekanntmachungsverpflichtung. So entschied das Oberlandesgericht Stuttgart.

Auch nach der Neufassung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) mit Wirkung ab 1.4.2005 ersetzt die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger nicht die Bekanntmachung durch alle anderen Medien. Konsequenz: Hat nach dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH die Bekanntmachung zur Auflösung mit Gläubigeraufruf im Staatsanzeiger eines Landes zu erfolgen, wird diese Verpflichtung nicht durch eine Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger erfüllt.

Das GmbH-Gesetz beinhaltet lediglich eine Klarstellung dahingehend, dass die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vorzunehmen ist, wenn die Gesellschaft in ihrer Satzung eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger vorsieht.

Hinweis: Es ist also genau darauf zu achten, welche Publizitätsanforderungen der Gesellschaftsvertrag vorschreibt. Darüber hinaus sollte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart zum Anlass genommen werden, über die Formulierung in der Satzung nachzudenken - gegebenenfalls bietet sich eine Satzungsänderung an (OLG Stuttgart, 8 W 444/10).

Gewerbesteuer: Mehrere Betriebsstandorte als einheitlicher Gewerbebetrieb

Betreibt ein Einzelunternehmer in mehreren Gemeinden Einzelhandelsgeschäfte, liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, wenn wesentliche Verwaltungsaufgaben (wie die Buchführung) zentralisiert an einem Standort durchgeführt werden. Somit kann der Gewerbesteuer-Freibetrag in Höhe von 24.500 EUR nur einmal und nicht für jede Filiale gesondert in Anspruch genommen werden. Dies hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg im Fall eines Händlers entschieden, der Wurst-, Back- und Fleischwaren in mehreren Orten verkaufte. Ein Austausch von Personal oder Maschinen zwischen den einzelnen Geschäften erfolgte nicht. Auch die Bankkonten, Kassenbücher sowie Gewinn- und Verlustrechnungen wurden getrennt geführt.

Nach dem Gewerbesteuergesetz ist jeder Betrieb gesondert zur Gewerbesteuer heranzuziehen, auch wenn eine Person mehrere selbstständige Geschäfte betreibt. Sie bilden aber eine Einheit, sofern sie sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen, wobei diese Kriterien nach den Verhältnissen des Einzelfalls unterschiedliches Gewicht haben. Bündelt eine Person die Aktivitäten, um eine größere Marktwirksamkeit zu erreichen, ist eine Wirtschaftseinheit gegeben.

Hinweis: Für die Selbstständigkeit von mehreren Gewerbebetrieben einer natürlichen Person gelten andere Regeln als bei Personen- und Kapitalgesellschaften. Bei einer natürlichen Person führt die Konzentration der wesentlichen Verwaltungsaufgaben in einem Betrieb grundsätzlich zu einer wirtschaftlichen Verflechtung (FG Berlin-Brandenburg, 13 K 324/06).

Handwerkskammer: Keine uneingeschränkte Auskunftspflicht potenzieller Gewerbetreibender

Ein potenziell in die Handwerksrolle einzutragender Gewerbetreibender ist gegenüber der Handwerkskammer nicht auskunftspflichtig, wenn die persönlichen oder sachlichen Eintragungsvoraussetzungen zweifelsfrei nicht erfüllt sind.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). Der dortige Kläger, ein Einzelunternehmer, wurde von der beklagten Handwerkskammer darauf hingewiesen, dass er sich nach ihren Erkenntnissen im Zweiradmechanikerhandwerk betätige. Er sei damit in die Handwerksrolle einzutragen. Zu dem ihm übersandten Fragebogen gab der Kläger an, dass er die persönlichen Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle nicht erfülle und zu keinen Auskünften verpflichtet sei. Das Verwaltungsgericht hat seiner Klage gegen das Auskunftsbegehren stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten Handwerkskammer hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers ist erfolglos geblieben.

Das BVerwG hat zur Begründung seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass das Auskunftsrecht der Handwerkskammer ausschließlich dem Zweck diene, die Handwerksrolle ordnungsgemäß zu führen. Die Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen habe deshalb unter der Fragestellung zu erfolgen, ob ein Gewerbetreibender tatsächlich in die Handwerksrolle einzutragen sei. Keine Auskunftspflicht besteht demzufolge für Gewerbetreibende, bei denen bereits zweifelsfrei feststehe, dass sie die persönlichen Voraussetzungen für eine Eintragung in die Handwerksrolle nicht erfüllen. In diesem Fall könne der vom Gesetz verfolgte Zweck zur ordnungsgemäßen Führung der Handwerksrolle nicht erreicht werden. Hier hatte der Kläger keine Tatsachen mitgeteilt, nach denen eine Eintragung zweifelsfrei ausschied. Er hatte nur pauschal darauf hingewiesen, dass er die persönlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Das reiche nach Ansicht der Richter nicht aus, weil diese rechtliche Prüfung der Handwerkskammer obliege (BVerwG, 8 C 49.09).